Bittersüß
Weißt du noch, die Margeriten am Bunker?
Der Mohn?
Der lila Klee und das Zittergras, die Glockenblumen und Königskerzen?
Wir lagen auf unserer Picknickdecke mitten in den Sommerblüten, zerknitterten sie, zerquetschten ihre Schönheit, atmeten ihren bittersüßen Duft.
Über uns der gläserne Himmel, dunkelblau, mit einem gleißenden Lichtfleck schräg oben.
Wattewolken, nur zwei oder drei, auf Wanderschaft vom Wald zum Dorf, bauschig, gemächlich treibend im Wind.
Unter uns Verfall, Schimmelpilze, baumdurchwachsene Schutzräume, unsprengbare Erinnerung an Bomben und Krieg.
In meinem Einkaufsnetz ein Schwarzbrot, ein Stück Speck und ein Bund Lauchzwiebeln.
In der Tasche deiner Jeans dein Westpass.
Und – datiert auf den folgenden Tag – die Rückflugkarte in deine heimische Freiheit.
Veröffentlicht am 11. Juni 2017 in Allgemein, Kürzestgeschichten, Realismus und mit Auswanderung, Blumen, Frieden, Krieg, Melancholie, Migration, Sommer getaggt. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink. Hinterlasse einen Kommentar.
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