Konter im Beichtstuhl

Petrus blieb die Verwandlung von Marias stumpf gewordenem Heiligenschein zu einem sonnenhell leuchtenden Ring nicht verborgen. Da der Heiligenschein jetzt so strahlte, konnten auch alle sehen, dass Maria die ihr zugewiesene Schäfchenwolke immer wieder übermütig umarmte, als hielte sie das flauschige Gebilde für eine Knutschkugel.

Nun, das ging ja wohl gar nicht.

Petrus beorderte die arme Maria streng in den himmlischen Beichtstuhl. Er hatte einen konkreten Verdacht, warum der Heiligenschein mit der Mutter Gottes  um die Wette strahlte, denn er kannte die Frauen, schließlich war er mit Adam befreundet, und der wusste wirklich alles über das Thema.

„Glaub mir, Petrus“, pflegte Adam zu sagen, „so wie Eva sind sie alle: schwach und verführbar. Denk an die Schlange!“

Aber Petrus dachte, nicht ganz zu Unrecht, eher an die Unterweltlichen und ihre Gewitterblitze, die sogar stumpf gewordene Heiligenscheine wieder zum Strahlen bringen konnten.

„Oder hast du verbotene Putzmittel für deinen Leuchtring benutzt, meine Tochter?“, fragte er im Beichtstuhl die Mutter des Herrn mit dieser gönnerhaft-jovialen Güte in der Stimme, die (nicht nur) seine weiblichen Beichtkinder jedesmal von Neuem auf dieselbe paradiesische Palme trieb.

„Nein, ich habe lediglich die Macht des Bösen genutzt und umgelenkt, und die Allmacht Gottes hat mir dabei geholfen“, antwortete Maria freundlich-mild (oh, sie konnte durchaus rhetorisch geschickt kontern!) und machte Petrus mundtot mit ihrer auffordernden Geste, den Beichtstuhl zu verlassen und es sich neben ihr auf ihrer knuddeligen Wolke gutgehen zu lassen.

(Mit einem Dankeschön an Christiane für ihre Einladung zu den abc-Etüden, diesmal die Nummer 2 mit den Wörtern „Beichtstuhl“, „Knutschkugel“ und „Verwandlung“, die wie immer in maximal 10 Sätzen unterzubringen waren. Es handelt sich um eine Fortsetzung meiner abc-Etüde „Potz Blitz“.)

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Über Elke H. Speidel

ist Publizistin und Soziologin und arbeitet als Fachautorin, gelegentlich auch als Schriftstellerin, Lebenswegberaterin oder Wissenschaftslektorin.

Veröffentlicht am 17. September 2017 in Allgemein, Fantasy, Kürzestgeschichten, Lustige Geschichten, Märchen und mit , , , , getaggt. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink. 7 Kommentare.

  1. Bin ich froh, dass ich von derartigen Autoritätspersonen niemals mit „meine Tochter“ angeredet worden bin …
    Petrus, also echt. So viel länger als Maria kann der doch nicht da oben sein, was nimmt er sich eigentlich raus? Was für ein Himmel … *seufz*
    Fröhliche Grüße
    Christiane

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  2. Christiane hat schon alles gesagt, was über diese Herren des Himmels zu sagen ist (Adam ist auch nicht besser). Übrigens, dein link bei Christiane funktioniert nicht, ich bin umwegig hierher gelangt. Liebe Grüße von Gerda

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  3. Ah, scheint schon erledigt zu sein? Ich wollte auch gerade in den Reparaturmodus gehen, aber mein Test ergab, dass der Link funktionierte. Danke alsdann!

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  4. Da ist ja so Einiges los in den höheren Sphären, ich muss schon sagen.
    Hoffentlich fällt da niemand vom Glauben ab… 😆 .

    Gefällt 2 Personen

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