Überleben

Das Frühstücksbrot schmeckte heute altbacken, der Pfannkuchenteig sah aus, als sei er aus einem Drachenei notdürftig zusammengepanscht.

„Ist das ein Dinosaurierei, Oma?“ Der kleine Thierry verzog das Gesichtchen.

„Es ist ein Pferdeei“, stellte seine Schwester Nina naserümpfend mit einem Blick auf die zweifelhafte Pfannkuchenzutat fest und meinte einen Pferdeapfel.

Ein paar Sekunden später hörte ich den Deckel auf die Kloschüssel knallen. Schneller, als ich bis drei zählen konnte, hatte Nina den Pfannkuchenteig in die Toilette gekippt.

Jetzt war nur noch das Brot da.

„Es ist verschimmelt“, behauptete das Mädchen, und nachdem ich skeptisch die weißen Punkte auf seiner Rückseite geprüft hatte, musste ich zustimmen.

Wir würden nachher losziehen und Kiefernnadeln sammeln, ich wusste schon wo, die schmeckten besser, waren nahrhafter und enthielten mehr Vitamin C, und dazu würde ich einen würzigen Brennnesselspinat zubereiten. Zum Kuckuck mit den abgelaufenen Nahrungsmitteln aus der Mülltonne des Supermarktes nebenan!

(Für die Textwoche 26.18 hat Frau Flumsel die drei Wörter Drachenei, altbacken und knallen gespendet, die wie immer auf Einladung von Christiane in maximal 10 Sätze zu packen waren.)

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Über Elke H. Speidel

ist Publizistin und Soziologin und arbeitet als Fachautorin, gelegentlich auch als Schriftstellerin, Lebenswegberaterin oder Wissenschaftslektorin.

Veröffentlicht am 26. Juni 2018 in Allgemein, Kürzestgeschichten, Realismus und mit , , , getaggt. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink. 6 Kommentare.

  1. Du hast Glück, wenn du noch an Supermarkt-Container herankommst. Bei uns sind die auf den Parkplätzen abgeschlossen: Sie müssen abgeschlossen werden, damit sich ja keine*r bedient, der*die es brauchen könnte. („Pferdeei“) ist prima!)
    Reiches Deutschland.
    Liebe Grüße
    Christiane

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  2. Hatte gerade übers Wochenende lieben, sehr redseligen Besuch.
    Die Dame engaiert sichmit ganzer Seele für foodsharing.de, eine angenehme Alternative zum Containern, wobei es allerdings Internetzugang braucht und wer weiß, ob die Familie den hat.
    Hier sind die Tonnen hinterm Supermarkt offen, ich nehme den Hühnern gern was mit.
    Auf jeden Fall ein wichtiges Thema für eine Geschichte.
    Herzliche Grüße, Natalie

    Gefällt 1 Person

    • Meine Nichte arbeitet bei einem gemeinnützigen Unternehmen, dass sich dem Foodsharing verschrieben hat. So kam ich auf das Thema, sie berichtet immer gern und engagiert von ihrer Arbeit, obwohl sie sonst nicht ganz so redselig ist.

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  3. Puh – hammer – und großartig geschrieben. Ich bin ganz begeistert!

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