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Wunschdenken
„Du willst eine Discokugel klauen? Bist du wahnsinnig?“
Hilke sah mich an, als wolle sie gleich die 112 wählen, um die Männer in den weißen Kitteln auf mich zu hetzen.
„Habe ich das gesagt?“, verteidigte ich mich. „Ich will das doofe Ding doch nur ausleihen, es verschwinden lassen, es verstecken, damit ich es nicht mehr sehen muss, begreifst du das denn nicht?“
„Dann besuch doch einfach nicht mehr diese blöde Disco, ich kapiere ohnehin nicht, was du da jeden Donnerstag willst!“
War es so schwer zu verstehen, dass ich Adrian sehen wollte, nicht trotz, sondern gerade wegen der Dinge, die er mir in dieser Disco an den Kopf geworfen hatte, nachdem er zunächst so getan hatte, als wolle er mit mir flirten, dass ich Adrians Gesichtsausdruck sehen wollte, aber eben nicht die Discokugel? Ah, ich wäre so gespannt gewesen, wie er darauf reagieren würde, wenn sein Lieblings-Blinkeblanke-Dingens fehlte! Und die Lautsprecher hätte ich auch ausgetauscht, ha, damit das Geplärre nur noch in Kammermusiklautstärke zu hören gewesen wäre.
„Hätte, wäre, würde“ blieb aber Wunschdenken, denn leider benötigte ich für meine Racheaktion Hilkes Hilfe, weil ich auf den Rollstuhl angewiesen bin, und Hilke ließ mich verständnislos abblitzen.
(Eine abc-Etüde, mit einem Dankeschön an Christiane für ihre Einladung, diesmal die mit den Wörtern „Discokugel“, „wahnsinnig“ und „klauen“, die wie immer in maximal 10 Sätzen unterzubringen waren. Sie stammen diesmal übrigens von Sabine.)