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Misstöne auf Wolke 7

Ein paar Tage nach dem fatalen Uniformbeschluss, der in der Heiligensitzung mit großer Mehrheit gefasst worden war, nachdem Petrus und Adam die weiblichen Heiligen so eingeschüchtert hatten, dass außer Maria und Eva keine sich traute, offen dagegen zu stimmen, saßen die beiden himmlischen Rebellinnen trübsinnig nebeneinander auf der Wolke Nummer 7 eines grauen November-Wolkenteppichs, der so undurchdringlich dicht war, dass sie nicht einmal ihre Beine frei darin baumeln lassen konnten. Sie waren züchtig in dunkles Olivgrün gehüllt, RGB 85, 107, 47, wie vorgeschrieben; hochgeschlossen, fersenlang, sackförmig geschnitten waren die neuen Kleider, zu denen dunkelolivgrüne Filzstiefel zu tragen waren, die allerdings noch angefertigt werden mussten, weshalb die beiden Heiligen einstweilen dunkelolivgrüne Stofflappen um die Füße gewickelt hatten.

„Ich finde, für diese Beschlussvorlage müsste man Petrus aus dem Paradies ausweisen, am besten in eine triste Trabantenstadt voller dunkelolivgrüner Häuser, Straßen und Parkbänke“, sagte Eva wie nebenbei und zupfte lustlos an ihrer Harfe.

„Ja, auf den Mond schießen sollte man ihn“, verdeutlichte Maria den Vorschlag und malträtierte ihr Instrument mit einer misstönenden Reihe falscher Griffe, „am besten auf einen der Trabanten des Jupeters, einen mit dunkelolivgrüner Atmosphäre, das würde zu ihm passen.“

„Jupiter meinst du wohl“, korrigierte Eva, aber Maria grinste nur und gab zu bedenken, wie viel besser Jupeter zur Abschiebung eines Heiligen namens Petrus passen würde.

„Auf der Erde könnte man ihm Interpol auf den Hals hetzen, wenn er sich weigern würde, sich auf den Jupetermond abschieben zu lassen“, vermutete die Mutter Gottes hoffnungsvoll, was jedoch bei Eva nur ein Kopfschütteln auslöste: „Auf der Erde sind Demokratie und Gleichberechtigung auch nur leere Wörter, die von den Regierenden und den Reichen als neuer Honig auf die Regierten und Armen geschleudert werden, damit sie daran kleben bleiben und sich nicht mehr rühren können. Interpol würde höchstens uns zwei jagen, aber niemals Petrus oder Adam; du wirst sehen, nächstens stellen diese Herren uns, im Einvernehmen mit Noah, noch eine Honigpumpe ins Paradies, mit der wir den ganzen Honig der politischen Korrektheit hier heraufpumpen können, als ob so eine blödsinnige Pumpe irgendeine Auswirkung hätte auf Gerechtigkeit und Chancenausgleich und all das Zeug!“

„Und die Pumpe wäre bestimmt händisch zu bedienen“, wagte Maria zu behaupten und kicherte schon wieder (sie hatte wirklich einen ausgeprägten Galgenhumor), „was meinst du?“

„Ja“, sagte die Erste Frau und biss in einen der Äpfel vom Baum der Erkenntnis (das war jetzt auch egal, der Baum war ohnehin geschändet), „sie wäre sicherlich händisch zu bedienen – und zwar von uns, verlass dich drauf, von niemand anders als von uns beiden!“

(Mit einem Dankeschön an Christiane für ihre Einladung zu den abc-Etüden, diesmal die Nummer 1 mit den Wörtern „Interpol“, „Trabantenstadt“ und „Honigpumpe“, die wie immer in maximal 10 Sätzen unterzubringen waren. Es handelt sich um eine Fortsetzung meiner Maria-und-Petrus-Anekdoten.)

Das Teufelchen

Es war einmal ein Teufelchen, das hatten sie aus der Hölle geworfen, weil es sich weigerte, so schlecht zu sein wie ein Satan.

„Geh doch in den Himmel, da gehörst du hin!“ sagten sie. Und das Teufelchen ging in den Himmel.

Aber Petrus stand dort vor dem Eingangstor und sagte: „Du bist doch ein Teufel! Was willst du hier? Geh doch zur Hölle!“

„Da komm ich her“, antwortete das Teufelchen, „die wollen mich nicht haben und haben mich zu dir geschickt.“

„Das geht mich nichts an“, sagte Petrus. „Davon steht nichts in meinen Vorschriften. Und überhaupt: Der Himmel ist sowieso schon übervölkert. Geh zur Hölle, Satansbraten!“

Da weinte das Teufelchen, denn es wusste nicht, wohin es sich wenden sollte, und bat um Überprüfung seiner Angelegenheiten durch eine höhere Instanz.

Aber Gott der Herr war ausgelastet mit wichtigeren Problemen, und so wurde das Verfahren zurückverwiesen an Petrus, und der entschied: „Du wirst ausgewiesen, Satansbraten, und abgeschoben, mit sofortiger Wirkung, ohne Recht auf Revision!“

Und das Teufelchen duckte sich und fügte sich und fuhr zur Erde. Dort ließ es sich nieder als mäusefressendes Dachgespenst in einem Fachwerkhaus, unsichtbar, harmlos, lautlos, einsam. Es wollte nur geduldet werden, nicht gefüttert, nur in Ruhe gelassen, nicht geliebt, nur übersehen, nicht geachtet.

Als die Bagger kamen, um das Haus abzureißen, machte es sich noch kleiner, als es war und flüchtete in die dunkelste Ecke zwischen den Fachwerkbalken. Aber die Bagger rissen die Balken weg und setzten ein dachloses Industriegebäude an die Stelle des Gespensterhauses. Das neue Gebäude bestand aus Fertigteilen und war im Handumdrehen aufgestellt.

Das Teufelchen aber geriet in die Baggerschaufel eines Minibaggers, und der Bagger sagte: „Geh doch zur Hölle, du winziges Teufelchen, wo du hingehörst, oder in den Himmel, meinetwegen, wenn sie dich in der Hölle nicht haben wollen! Du passt nicht unter moderne Menschen. In Industriegebäuden ist kein Platz für Dachgespenster.“

„Aber ich tue doch keinem was“, sagte das Teufelchen und weinte wieder.

„Du frisst unberechtigt unsere Mäuse!“ sagte der Minibagger.

„Habe ich nicht genug übrig gelassen?“ fragte das Teufelchen verwundert. „Und jetzt seid ihr hungrig danach?“

„Nein“, sagte der Minibagger, „die würden wir nicht selber fressen, aber sie gehören uns und gehen dich nichts an.“

Da weinte das Teufelchen, denn es wusste nicht, wohin es sich wenden sollte, und bat um eine Überprüfung durch eine höhere Instanz.

Aber der Gittermastkran war gerade ausgelastet mit wichtigeren Angelegenheiten, und so wurde das Verfahren zurückverwiesen an die Arbeitsgruppe der Kompakt- und Minibagger, und die entschieden: „Du wirst ausgewiesen, Satansbraten, ohne Recht auf Revision, und abgeschoben mit sofortiger Wirkung!“

Und das Teufelchen, das sie aus der Hölle geworfen, von der Himmelspforte gejagt und von der Erde vertrieben hatten, entschloss sich, zur Hölle zurückzufahren. Voll Reue versprach es dort, endlich schlecht zu werden wie ein Teufel. Obwohl es sich lieber das Leben genommen hätte, als das zu tun. Aber diese Möglichkeit stand ihm nicht offen, denn als Teufelchen war der arme kleine Satansbraten leider unsterblich. Und weil es nicht gestorben ist, lebt es dort noch heute.