Paradiesische Innovation

Eva und Maria hatten sich nicht getäuscht. Tatsächlich ließ Petrus, im Einvernehmen mit Adam und unter der tätigen Mithilfe von Noah, eine Honigpumpe ins Paradies einfliegen, ein riesiges Ding, das den Honig der politischen Korrektheit von der Erde pumpen sollte, weil im Paradies nach Meinung der drei männlichen Heiligen der bessere Platz dafür war. Petrus installierte eigenhändig das glitzernde Wunder der Technik, genau zwischen dem Baum der Erkenntnis und dem Baum des Lebens, und erklärte der Ersten Frau und der Mutter Gottes die Funktion in allen Einzelheiten:

„Hier fließt die Gerechtigkeit durch, dieser Schlauch führt die Chancengleichheit, und da seht ihr die Barmherzigkeit und die Gnade, also eine echte Innovation gegenüber dem Modell, das sie auf der Erde benutzen“, schwärmte der Schließer der Himmelspforte. „Die Pumpe ist ganz einfach zu bedienen, händisch, aber nicht allzu schwergängig, in einem Monat  oder spätestens in dreien habt sicherlich selbst ihr verstanden, wann ihr wohin drücken müsst, um die richtige Mischung zu erzeugen.“

„Als wenn wir Vollidiotinnen wären“, sagte die Erste Frau, als die Herren Heiligen sich umwandten, um wieder zu ihren Wolkenbänken zu gehen, wo wichtige und dringliche Musikarbeit an ihren Harfen und Posaunen auf sie wartete.

„Warum wusste ich das vorher?“, fragte die Mutter Gottes, „dass die so eine widerliche Maschine beschaffen würden, und dass die händisch zu bedienen ist?“

„Und zwar von uns“, stimmte Eva zu, „wie ich dir gleich gesagt habe.“

„Aber dass sie uns dann nicht mal zutrauen, dieses Monster korrekt zu bedienen, das ist schon mehr als fragwürdig“, schimpfte Maria, „das ist eine Beleidigung der heiligen weiblichen Intelligenz!“

„Du sagst es“, seufzte Eva, während sie die bunten Knöpfe betätigte, die alle fein säuberlich beschriftet waren und eine Fehlbedienung gar nicht zuließen, und schielte sehnsüchtig vom Baum der Erkenntnis zum Baum des Lebens hinüber, „ich wollte, mir fiele etwas ein, dass deinen Sohn und seinen Vater dazu bewegen könnte, uns bald wieder auszuweisen von hier.“

(Mit einem Dankeschön an Christiane für ihre Einladung zu den abc-Etüden, diesmal die Nummer 1 mit den Wörtern „Monat“, „fragwürdig“ und „gehen“, die wie immer in maximal 10 Sätzen unterzubringen waren. Es handelt sich um eine Fortsetzung meiner Maria-und-Petrus-Anekdoten.)

Über Elke H. Speidel

ist Publizistin und Soziologin und arbeitet als Fachautorin, gelegentlich auch als Schriftstellerin, Lebenswegberaterin oder Wissenschaftslektorin.

Veröffentlicht am 8. Oktober 2017 in Allgemein, Fantasy, Kürzestgeschichten, Lustige Geschichten, Märchen und mit , , , , , , , , getaggt. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink. 8 Kommentare.

  1. Ich lach mich schlapp über die Erste Frau! 😀
    Aber, Elke: 1. Bitte, bitte, einen Kommentar bei mir schreiben mit deinem Link, sonst sehen das hier nur deine Follower! 2. Wenn du schon meinen Namen verlinkst (danke!), dann MUSST du auf einen Artikel verlinken (in diesem Fall am besten die heutige Schreibeinladung) und nicht auf meine Startseite, wenn du willst, dass es bei mir pingt, sonst passiert einfach NICHTS, außer dass deine Follower wissen, in welchem Blog sie mich finden.
    Liebe Grüße
    Christiane

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  2. ich hab dich abonniert und also gefunden, liebe Elke. Und es lohnt sich. Jedesmal entfaltet sich der Dialog zwischen den beiden so verschiedenen und doch irgendwie sehr gut harmonierenden Damen eleganter. Liebe Grüße!

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  3. Danke dir, liebe Gerda, ich lerne das hoffentlich noch mit den sozialen Medien. „Ich bin ja noch jung“, sagte mein Mann im Alter von 63 Jahren, kurz ehe er starb. Und ich bin noch keine 63, immerhin.

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    • Traurig und schön, was du da so nebenbei erwähnst. Aber du lebst und bist jung! Ich hab mit 57 Führerschein gemacht und mit 73 den Blog gestartet. Its never too late – außer es ist zu spät. Ganz liebe Grüße dir!

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  4. Hut ab! Ich orientiere mich auch an meinem Vater, der mit 90 noch jeden Morgen Liegestütz und Kniebeugen macht und 4 km joggt. Nicht alle Menschen altern gleichartig, und nicht alle leben gleich lang.

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    • Also deinen Vater kann ich leider nicht nachahmen. Weder kann ich Liegestütz und Kniebeugen noch jogge ich und werde es auch nicht mehr lernen. ich bin froh, wenn ich unsere steile Straße noch einigermaßen gut hochkomme. 😦

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  5. Dafür malt mein Vater nicht mehr und hat auch das Holzschnitzen aufgegeben. Die Augen sind nicht mehr gut genug, leider. Wie gesagt: Jeder Mensch altert anders.

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